Jedes Volk erhält die Regierung, die es verdient. Das stimmt nur bedingt. Ich erwarte von meinen gewählten Abgeordneten, dass sich diese an unser Grundgesetz halten. Denn für Abgeordnete gilt GG §48(1):
Die Abgeordneten des deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
Nach dem Abstimmungsverhalten der Abgeordneten der Regierungsparteien zum Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung müsste der letzte Teil von §48(1) de facto lauten:
“…Sie sind Vertreter Ihrer Partei und an den Weisungen der Fraktion gebunden!”
Denn nur so ist das geschlossene Abstimmungsverhalten der Abgeordneten von CDU/CSU und SPD zu erklären.
Pikant: im Sitzungsprotokoll des Bundestages äußern 26 Abgeordnete der SPD-Fraktion ihre verfassungsrechtlichen Bedenken zur Gesetzesvorlage und stimmen dennoch dafür.
Zitat:
“Trotz schwerwiegender politischer und verfassungsrechtlicher Bedenken werden wir im Ergebnis dem Gesetzentwurf aus folgenden Erwägungen zustimmen…”
Es folgt eine Begründung in mehren Absätzen, zur Haltung der Fraktion und Regierungsarbeit die mit dem Satz schließt:
“Eine Zustimmung ist auch deshalb vertretbar, weil davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts möglicherweise verfassungswidrige Bestandteile für unwirksam erklären wird…”
Habe ich richtig gelesen? 26 Abgeordnete stimmen mit JA, weil Sie der Meinung sind, dass Bundesverfassungsgericht wird es schon richten?
Ist das, wirklich dass die zweifelhafte Haltung einiger Abgeordneter? Blogger Marc Schloeske schreibt dazu empört:
“…Man stimmt also einem Gesetz zu, dessen “verfassungswidrige Bestandteile” man kurzerhand als Entschuldigung für das eigene schizophrene Abstimmungsverhalten umdeutet? Frei nach dem Motto: Der Gesetzentwurf ist ohnehin verfassungswidrig, also kann man sich getrost der Fraktionsdisziplin unterordnen?
Wenn man für seine angeblich kritische Position keine Mehrheit findet, dann sollte man wenigstens den Mut haben und mit “Nein” stimmen oder sich enthalten. Diese Feigheit, die sich zu allem Überfluß noch selbst aus der Verantwortung stehlen will, ist aber obszön und jämmerlich.”
Lawblogger Udo Vetter meint zynisch:
“Der Bundestag hat gestern das Fernmeldegeheimnis zu Grabe getragen und die Freiheitsrechte der Bürger in diesem Land weit darüber hinaus beschädigt. Wer sich den Horror im Detail antun will, zu dem unsere Volksvertreter mittlerweile kalt lächelnd in der Lage sind, gelangt hier zu einem Dokument der Schande.”
49 Tage bis der Staat weiß, was du getan hast…
Theoretisch, wenn der Bundespräsident das Gesetz unterschreibt und Beschwerde beim Verfassungsgericht erfolglos bleibt. Denn dann wird unsere Telekommunikation über Telefon und Internet protokolliert. Wer jetzt noch handeln möchte, erfährt auf der Webseite der Initiative “Stoppt die Vorratsdatenspeicherung” mehr zu den Möglichkeiten des bürgerlichen Engagements.